Es ist nicht leicht, Kind zu sein!

Nein, es ist nicht leicht, Kind zu sein! Es ist schwer, ungeheuer schwer. Was bedeutet es denn – Kind zu sein. Es bedeutet, dass man ins Bett gehen, aufstehen, sich anziehen, essen, Zähne und Nase putzen muss, wenn es den Großen passt, nicht wenn man selbst es möchte. Es bedeutet, dass man Knäckebrot essen muss, wenn man viel lieber eine Scheibe vom frischen Brot hätte, und dass man ohne mit der Wimper zu zucken in den Milchladen rennen muss, um eine Marke für den Gasautomaten zu holen, obwohl man sich’s gerade mit einem dicken Buch gemütlich gemacht hat. Es bedeutet ferner, dass man ohne zu klagen die ganz persönlichen Ansichten jedes x-beliebigen Erwachsenen über sein Aussehen, seinen Gesundheitszustand, seine Kleidungsstücke und Zukunftsaussichten anhören muss.

Ich habe mich oft gefragt, was passieren würde, wenn man anfinge, die Großen in dieser Art zu behandeln.

Astrid Lindgren – Dagens Nyheter

Auf dieses Zitat von Astrid Lindgren bin ich schon vor zwei Jahren gestoßen als ich einen Vortrag zum Thema „Macht in pädagogischen Beziehungen – ein relevantes Thema für Kindertageseinrichtungen?“ gehalten habe. Astrid Lindgren beschreibt hier wunderbar, wie sehr sich die Kinder an die Tagesstruktur der Erwachsenenwelt anpassen müssen. Das ist uns häufig nicht so bewusst, weil es so selbstverständlich ist. Und damit wird eben bereits ein Aspekt des natürlichen Machtgefälles zwischen Erwachsenen und Kindern deutlich. Erwachsene meinen über die Zeit der Kinder verfügen zu können wie es ihnen in den Kram passt und natürlich auch zum Teil notwendig ist um den Alltag zu strukturieren. Das ist in der Familie so wie auch in der Krippe und dem Kindergarten. Als Erwachsene denke ich, sollten wir immer mal wieder uns den Tages- und Wochenablaufs der uns anvertrauten Kinder bewusst machen. Dabei werden wir mit erschrecken feststellen, dass die unverplante Zeit für Kinder wirklich verschwindend gering ist. Und das gilt auch wieder für die Familie wie für die Krippe und den Kindergarten. Die Tage und Wochen sind durchgeplant und getaktet. Bereits die Zeit bis zum Krippen- und Kindergartenbeginn ist voll mit Verpflichtungen wie sich anziehen müssen, frühstücken, Zähne puzten usw. Und in den Einrichtungen geht es häufig so weiter. Nach einer kurzen Spielzeit versammeln sich alle zum Morgenkreis, dann gehts zur Brotzeit und anschließend zum kreativen Angebot für alle. Und so weiter. Irgendwie verständlich, dass das ein oder andere Kind bei so einem Pensum aussteigen möchte und mit seinem Verhalten deutlich macht, dass das zuviel ist. Ich denke es würde uns allen, Erwachsenen wie Kindern, Eltern wie Fachkräften gut tun, wenn wir unverplanten Zeiten, ohne Erwartungen und ohne Druck ausweiten und vermehren.