Die Eingewöhnung – der Beginn von vielen neuen Beziehungen…

Ich habe mich in den letzten Wochen viel mit dem Thema Eingewöhnung beschäftigt und vor kurzem auch eine Fortbildung zur Gestaltung der ersten Tage gehalten. Ein paar Punkte und Gedankenanstöße daraus möchte ich gerne mit euch teilen.

Durch die Auseinandersetzung mit der Eingewöhnung in der Peergroup und den Kritiken am Münchner und Berliner Modell aus der kultursensitiven Perspektive heraus, ist bei mir die Frage aufgetaucht, was denn das Wichtigste in der Eingewöhnung ist, damit diese für alle Beteiligten gut gelingt.

Die Eingewöhnung ist der Beginn vieler Beziehungen. Es entsteht die Beziehung zwischen dem Kind und dem pädagogischen Personal, zwischen dem neuen Kind und den anderen neuen und älteren Kindern, zwischen den Eltern und dem Personal sowie zwischen den Eltern die neu sind und den anderen Eltern. Viele Beziehungen und welche sollte man als erste und (zunächst) wichtigste in den Fokus rücken? Ich würde behaupten es ist nicht die Beziehung zwischen den Pädagog*innen und dem Kind, sondern die Beziehung zwischen dem pädagogischen Personal und den Eltern. Aber warum, fragen jetzt vielleicht manche. Das Kind soll doch in die Krippe oder den Kindergarten gehen und nicht die Eltern. Ja natürlich, aber das Kind öffnet sich nur soweit wie sich auch seine Bezugsperson öffnet. Das Kind ist sich so sicher oder unsicher wie sich auch seine Mama oder sein Papa sicher oder unsicher ist. Die Kinder spiegeln in der Eingewöhnungszeit die Beziehung zwischen den Erwachsenen wieder. Und damit liegt die Verantwortung für das Gelingen der Eingewöhnung nicht alleinig bei den Eltern. Denn für einen positiven Beziehungsaufbau sind die Pädagog*innen mit- wenn nicht sogar hauptverantwortlich. Die häufig gehörte Aussage: „Ja, wenn die Mutter nicht loslassen kann…“ schiebt allein den Eltern den schwarzen Peter zu. Mit einer solchen Haltung machen es sich die Pädagog*innen sehr leicht und der Druck auf die Eltern wächst. Dabei müssen sich die Erzieher*innen und Kinderpfeger*innen fragen, welche Unterstützung die Eltern benötigen um ihr Kind entspannt in der Einrichtung lassen zu können und was sie dazu beitragen sollten, dass es den Eltern gut gelingt. Und damit sind wir bei der Frage: Was unterstützt einen gelungenen Beziehungsaufbau? Wie gelingt ein offener und freundlicher Kontakt? Welche Worte müssen Eltern hören, damit sie sich entspannen und ein erstes Gefühl von „hier geht es mir und meinem Kind gut“ bestätigt und vertieft?

Eltern spüren mit Betreten der Einrichtung ob sie wirklich gewünscht sind, oder ob sie ein geduldetes Anhängsel ihres Kindes sind. Es ist eine Frage der inneren Einstellung, der Haltung des pädagogischen Personals. Besteht wirklich echtes Interesse an der Familie des Kindes und werden die Eltern wirklich als Experten für ihr Kind anerkannt. Ich würde behaupten, dass dies beim ersten Kontakt zwischen Eltern und der Einrichtung deutlich wird. Und dieser ist lange vor dem ersten Tag des Kindes in der Einrichtung. Der erste Kontakt kann am Telefon sein, beim Tag der offenen Tür, oder weil man eine Freundin beim Abholen ihres Kindes begleitet. Das bedeutet, dass jeder Kontakt von einer offenen und freundlichen Haltung geprägt sein sollte. Und es sind die Pädagog*innen (und in erster Linie die Leitung) die verantwortlich dafür sind, denn sie sind die Hausherren und die Eltern die Gäste. Schwierig und kompliziert wird das es dann, wenn Eltern und Familien auftauchen, die nicht oder kaum Deutsch sprechen, die andere Familienformen als Vater, Mutter, Kind/er leben, die andere Erziehungsziele oder Werte haben. Ich erlebe es, dass in Einrichtungen, häufig unbewusst die Familien in „normal“ und „nicht normal“ eingeteilt wird. Eine Einrichtung hat mich mal zum Thema Familie angefragt, weil „wir haben fast keine normalen Familien mehr“. Aber was ist denn eine „normale“ Familie in einer Welt in der die Lebenswelten immer vielfältiger werden? Und darin steckt so wahnsinnig viel Wertung, die sich auch automatisch auf das Kind überträgt: du kommst aus der „normalen“ Familie und du nicht. Und diese Kategorisierung beginnt ja auch bereits vor der Eingewöhnung und hat Auswirkungen darauf wie Eltern und Kindern begegnet wird und wie diese ersten, wichtigen Tage dann verlaufen.

Es ist wichtig, dass sich die Pädagog*innen hier sehr bewusst verhalten. Menschen zu Kategorisieren und in Schubladen zu stecken ist menschlich. Im beruflichen Kontext muss ich mir dessen aber unbedingt bewusst sein und die Fähigkeit haben von meiner ersten Einteilung zurückzutreten und JEDER neuen Familie offen und ohne Vorbehalte gegenübertreten. Jede Mutter, jeder Vater hat das Recht auf einen freundlichen und wertschätzenden Empfang und bewusst positive Beziehungsgestaltung.

Marte Meo kann dabei gut unterstützen. Small-Talk oder in der Marte Meo Sprache „Coffee, Cockies and the Dog“ ist ein Eisbrecher und schafft Verbindung. Wie bei den Kindern, gilt es auch bei den Eltern erst einen positiven Kontakt herzustellen und das ist gerade bei Familien aus anderen Kulturkreisen so wichtig. Das bürokratische läuft nicht davon, aber die ersten Gelegenheiten für einen positiven Beziehungsaufbau sind immer viel zu schnell vorbei.


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